Zusammenfassung
Die digitale Mediengesellschaft ist ein zentrales Themenfeld der Kommunikations- und Medienwissenschaft (KMW). Die Auseinandersetzung mit entsprechenden Forschungsansätzen birgt bestehende, aber auch neue forschungsethische Herausforderungen. Sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusste Forschung stellt daher gezielt Fragen nach Verantwortlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Forschungsethik ist ein Querschnittsthema und muss systematisch trainiert werden, also als Teil der Forschungskompetenz zum obligatorischen Thema für Aus- und Weiterbildung werden. Dieser Aufsatz befasst sich mit Forschungsethik aus methodischer, rechtlicher und ausbildungsbezogener Sicht. Er will zur Beschäftigung mit vergleichbaren Fragestellungen und zu einem Erfahrungsaustausch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft beitragen. Als Problemaufriss werden exemplarisch Spannungsfelder beschrieben, die sich im Rahmen von Forschungsprozessen ergeben können, etwa im Umgang mit Daten oder mit Bildmaterial. Zwei Fallstudien vertiefen forschungsethische Aspekte beim Umgang mit vulnerablen Personen in qualitativen Interviews sowie im Hinblick auf die informierte Einwilligung und ihre Wirkung auf die Teilnahmebereitschaft an Online-Befragungen. Konkrete Vorschläge zur systematischen Integration des Themas in die Ausbildung sollen verdeutlichen, wie Ethikkompetenz didaktisch vermittelt werden kann. Forschungsethik sollte darüber hinaus als deliberativer Prozess in der KMW verankert werden. Am Ende steht die Anregung, eine Anlaufstelle für forschungsethische Fragen zu schaffen, die als Selbstregulierungseinrichtung für den Wissenschaftsbetrieb dienen kann. Sie könnte z.B. eine Diskussionsplattform für einen forschungsethischen Diskurs in der KMW bieten, vorliegende Handreichungen, Informationsmaterial und Lehrkonzepte sammeln und bereitstellen sowie Fallbeispiele für ethisch-methodische Herausforderungen, die sich im Rahmen der Entwicklung neuer (digitaler) Methoden ergeben können. Ziele wäre es, dafür zu sensibilisieren, wo in einem Forschungsvorhaben ethische „Fallstricke“ zu beachten sind, sowie Anregungen für konkretes Handeln zu geben.https://doi.org/10.1007/s11616-020-00578-4